Bevor ich Ergebnisse vorstelle, möchte ich mir und meinen Lesern nochmals die Forschungsfrage in Erinnerung rufen. Die da war:
“Inwieweit kann der Social-Media-Einsatz der Bundeswehr (am Beispiel der Facebook-Seite Bundeswehr) als erfolgreich betrachtet/bewertet werden?”
Außerdem sollten folgende Fragen die Untersuchung begleiten:
- Wer ist die Zielgruppe?
- Welche Themen werden angesprochen?
- Wie hoch ist die Dialogizität?
- Wie ist die Interaktivität zu bewerten?
- Welche Tonalität bestimmt die Meldungen?
- Inwieweit finden die Handlungskomponenten Identitätsmanagement, Informationsmanagement und Beziehungsmanagement in der Kommunikation Berücksichtigung?
Vorab ist zu sagen, dass ein Datensatz von 20 Post zu klein ist. Aus dem Grunde der Vergleichbarkeit haben wir, Benjamin und ich, uns aber auf die zu untersuchende Menge von 20 Beiträgen geeinigt. Dies lag darin begründet, dass der Bundesfreiwilligendienst eine sehr kleine Postingfrequenz von nur 1 aufweist. Was bedeutet, dass der Bundesfreiwilligendienst alle 30,5 Tage seine Seite mit Content füllt. Die Bundeswehr hingegen postet alle 1,8 Tage etwas auf der Facebook-Seite. Dennoch konnten wir aus unserem Datensatz Ergebnisse filtern und auch beim allgemeinen Scan der Facebook-Seiten konnten Auffälligkeiten ausgemacht werden.
Insgesamt lässt sich sagen, dass die Bundeswehr ihre Sache gut macht. Die Seite wird kontinuierlich mit Content gefüllt, auf Fragen der User wird reagiert, die Dialogizität wird durch die bereitgestellten Inhalte allgemein gefördert und die Hauptziele – zur Förderung der langfristigen Beziehungen zu den Nutzern der Groundswell POST Theorie nach Li und Bernhoff werden weitestgehend verfolgt bzw. erreicht.
Zuhören: Die Bundeswehr nimmt Kritik an und geht auf diese ein.
Sprechen: Das Sprechen erfolgt schon mit der Teilnahme am sozialen Netzwerk. Diese soll selbstverständlich aktiv erfolgen. Die Bundeswehr nimmt sich dieser Herausforderung an und fördert den Dialog.
Energisieren: Fungiert der Nutzer als viraler Vermarkter? Ja! Sobald wir von einer Viralität ausgehen können, funktioniert auch die virale Vermarktung. Inhalte der Bundeswehr werden im Schnitt 112,86 mal geteilt (absoluter Wert). Herunter gerechnet auf die Anzahl, derer die darüber sprechen, macht das 3,40 Prozent aus. Die gesamte durchschnittliche Viralität (Anzahl der Kommentare + Anzahl der Likes + Anzahl der Shares / Anzahl der Fans * 100) beträgt 0,74 Prozent. Die durchschnittliche Viralität der Studie von der FH Johanneum und der Agentur knallgrau betrug im Vergleich dazu 0,23 Prozent.
Unterstützung: Hier geht es um die gegenseitige Unterstützung der User untereinander. Stellt ein Fan der Seite Fragen rund um das Thema Bundeswehr, ist ihm sehr schnell geholfen. Die Verantwortlichen für den Social-Media-Auftritt antworten angemessen auf Fragen. Bleibt eine Antwort aus, so liegt dies, auch wenn die Kommentare nur gescannt wurden und nicht inhaltlich untersucht, offenbar daran, dass ein User den Verantwortlichen zuvorgekommen ist. Die Unterstützung ist also auch durch die community garantiert.
Integration: Dieser Punkt ist eher auf betriebswirtschaftliche Unternehmen ausgerichtet. Hier sollen Kundenmeinungen in den Entwicklungsprozess des Produktes einbezogen werden. Was aber auf jeden Fall angenommen wird, ist Kritik hinsichtlich der Social-Media-Aktivität auf Facebook. Wird beispielsweise die Forderung nach mehr Fotos zu einem Thema gefordert, wird dies mindestens mit einem Kommentar zur Kenntnis genommen oder der Versuch unternommen, Wünsche hinsichtlich des Content zu erfüllen (sh. Abb.3).
Wer ist die Zielgruppe?
Die Zielgruppe ist seitens der Bundeswehr vermutlich breit gefächert. Soll der Auftritt mehr Akzeptanz in der Bevölkerung schaffen, Informationen bereitstellen, der Rekrutierung dienen, etc. Tatsächlich wird aber die Altersgruppe der 18-24 Jährigen angesprochen. Scannt man die Kommentare fällt auf, dass vordergründig das männliche Geschlecht die Seite der Bundeswehr rezipiert. Erinnern wir uns aber an die Studie der Bundeswehr „Truppenbild ohne Dame – Eine sozialwissenschaftliche Begleituntersuchung zum aktuellen Stand der Integration von Frauen in die Bundeswehr“ und an die Anzahl der Frauen, die sich den Dienst der Bundeswehr verschrieben haben (rund zehn Prozent), ist das nicht verwunderlich. Obwohl durch Personenportraits von weiblichen Soldatinnen und Aktionen wie „Ich bin stolz auf meine Kinder“ (sh. auch Abb.4), versucht wird das andere Geschlecht ebenfalls anzusprechen.
Welche Themen werden angesprochen?
Wie hoch ist die Dialogizität?
Die Dialogizität soll anhand der Anzahl der Kommentare auf ein Post bewertet werden. Im Fall der Bundeswehr liegt der durchschnittliche, absolute Wert der Kommentare pro Post bei 46,55. Der Bundesfreiwilligendienst erreicht einen absoluten Wert von 1,25. Die durchschnittlichen internen Kommentare liegen bei 2,52 (absoluter Wert). Es wurde, wie schon erwähnt, auf Fragen meist reagiert. Die Annahme meinerseits, dass Fragen den Dialog fördern, konnte durch unsere Untersuchung nicht beantwortet werden. Die Kategorie Form des Posts mit ihren Ausprägungen Aussage oder Frage, blieb einseitig ausgefüllt, denn wir beide konnten nicht oder kaum die Variable Frage codieren. Deshalb lässt sich unsererseits auch keine Aussage darüber treffen, was eher den Dialog fördert. Die Ergebnisse der Studie der FH Johanneum und der Agentur knallgrau zeigen aber, dass die Formulierung einer Frage sich nicht positiv auf die Viralität auswirkt. Folgender Post, mit seiner Botschaft als Frage und Aufforderung formuliert, brachte jedoch die meisten Kommentare ein. Die Viralität lag dennoch hinter anderen Posts zurück.
Des Weiteren können wir unserem Kategoriensystem entnehmen, welche Form des Posts (Video, Bild, Text, Kombinationen) die meisten Kommentare generiert oder die höchste Viralität erzeugt. Folgende Grafiken geben Auskunft darüber.
Auffällig beim Scan der Kommentare war, dass Videos oft kritisch beurteilt werden, was auch die Viralität hier zeigt (sh. Abb.7). In den Kommentaren wurde die Glaubwürdigkeit der Videos in Frage gestellt und das Nachstellen von Szenen kritisiert. Bilderreihen oder einzelne Bilder wurden allgemeinhin positiver aufgenommen und bewertet. Auch die Studie der FH Johanneum und der Agentur knallgrau bestätigt dies und kommt zu dem Ergebnis, dass Videos die Viralität negativ beeinflussen und Bilder mitunter die wichtigsten Erfolgsfaktoren beim Posting sind.
Wieso die Glaubwürdigkeit in Frage gestellt wird, verdeutlicht dieses Video.
Die durchschnittliche Postlänge liegt bei der Bundeswehr bei 3,67 Zeilen. Auch die Studie der FH Johanneum und der Agentur knallgrau liefert das Ergebnis, dass ab 4 Zeilen der Viralitätswert sinkt. Die Bundeswehr folgt somit also dem Klassiker „keep it short“ und hat damit Erfolg. Der erfolgreichste Post mit einer Viralität von 1,59 Prozent ist eine Zeile lang, entspricht der erfolgreichen Bild-Text-Link-Kombination und berichtet außerdem über den Abzug im Kunduz und trägt somit eine positive Botschaft.
Inwieweit finden die Handlungskomponenten Identitätsmanagement, Informationsmanagement und Beziehungsmanagement in der Kommunikation Berücksichtigung?
Das Identitätsmanagement dient der Präsentation der Organisation, diese erfolgt selektiv. Das Informationsmanagement dient der Selektion, Verwaltung, Bewertung und dem Filtern von Informationen und das Beziehungsmanagement der Pflege bestehender Beziehung und dem Knüpfen neuer Kontakte. Die Bundeswehr informiert vordergründig, die Viralität liegt hier bei 0,84 Prozent. Wenig angenommen schien das Posten im Sinne des Beziehungsmanagement (vgl.Abb.9.).
Insgesamt lässt sich der Auftritt der Bundeswehr im Facebook als erfolgreich bewerten.
- Content wird regelmäßig bereitgestellt (in verschiedenen Formen)
- Dialog wird gefördert
- Es wird zugehört
- Die Community unterstützt sich gegenseitig
Der Vergleich der Organisationen Bundeswehr und Bundesfreiwilligendienst war, wie Benjamin schon treffend gesagt hat, ein Vergleich zwischen David und Goliath. In der biblischen Geschichte besiegt David den Riesen Goliath. Bei unserem Vergleich hält sich der Bundesfreiwilligendienst eher zurück und könnte seine Präsenz im Facebook deutlich ausbauen. Es scheint als hätte der BFD kein professionelles Team, was den Auftritt betreut. Auf Fragen/Kommentare wird im Gegensatz zur Bundeswehr nicht geantwortet. Die Seite wird wenig mit Content gefüllt und die Vielfalt an Themen lässt auch zu wünschen übrig. Vergleicht man die Viralitätswerte, ist es schade, zu sehen, dass der Bundesfreiwilligendienst das Potenzial nicht nutzt und die Facebookfunktionen, wie den Newsfeed, anscheinend unterschätzt und nicht zu nutzen weiß. Benjamin hat dies sehr schön in seinen Ausarbeitungen beschrieben. Lest auch nochmal Benjamins Auswertung, der die Facebookpräsenz des Bundesfreiwilligendienst bewertet hat und unsere Organisationen ebenfalls miteinander verglichen hat.
Der folgende Post des Unternehmens EDEKA hat unseren Berechnungen zufolge einen Viralitätswert von 16,29 Prozent.
Und hat sich wahrscheinlich in etwa so verbreitet: